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Der Schnäppchen-Krieg - Wie Sie Preisnachlässe psychologisch beeinflussend gestalten
 


Wenn es darum geht kurzfristig die Umsätze zu steigern, sind sie des Kaufmanns liebstes "Kind": Sonderangebote. Sei es bei Produkten oder bei Dienstleistungen, ein massiver Preisnachlass lässt die Kundenherzen höher schlagen
 

und die Kassen zeitweise lauter klingeln. Doch Vorsicht ist geboten! Schnell nehmen Kunden den eigenen Shop als Discounter wahr und dann geht häufig nur noch billig. Um der Preisspirale nach unten zu entgehen, gilt es geschickt mit den Erwartungen der Konsumenten zu spielen und Sonderangebote psychologisch raffiniert zu verpacken.
 

Das Schnäppchen Dilemma

Sonderangebote bergen viele Vorteile in sich. Nicht nur, dass sie helfen die Liquidität zu erhöhen, sie eignen sich auch hervorragend dazu, kurzfristig volle Lager abzuverkaufen oder für neue Kunden die Hemmschwellen herunterzusetzen. Das ärgerliche an Preisnachlässen sind auch nicht die Schnäppchen selbst, sondern die Kunden. Wer kontinuierlich mit niedrigen Preisen lockt, hat nämlich ganz schnell ein ernsthaftes Problem: Er wird im Bewusstsein der Kunden als Discounter eingeordnet. Niemand will bei diesem Shop mehr zum "normalen" Preis bezahlen. Der Preisnachlass an sich hat sich als maßgebliches Charakteristikum des Shops im Hirn des Kunden eingebrannt.

Aber nicht nur das: Auch normale Shops mit gelegentlichen Rabattaktionen können schnell in Schnäppchen-Falle tappen. Denn selbst zeitlich befristete Rabattaktionen führen häufig dazu, dass die Umsätze eines Online-Shops danach langfristig einbrechen.

Woran liegt das?  
 

Ein klärendes Fallbeispiel

Stellen Sie sich vor, Sie fahren jeden Abend auf dem Rückweg von der Arbeit an einem Elektronikmarkt vorbei. Eines Abends sehen Sie auf einem großen Plakat das Angebot für einen LCD-Fernseher, der von 1399 € auf 999 € im Preis gesenkt wurde. Satte 400 € Rabatt. Ein unschlagbares Angebot, was weit unter dem normalen Durchschnittspreis liegt.

Obwohl das Angebot verlockend klingt, entscheiden Sie sich dennoch dazu noch einen Tag zu warten, da Sie es heute sehr eilig haben. Am nächsten Abend kommen Sie wieder an dem Markt vorbei, doch zu ihrem Entsetzen ist das Angebot nicht mehr aktuell. Anstatt der 400 € Preisnachlass bietet der Markt nur noch 200 Euro. Auch dieses Angebot ist immer noch extrem günstig. Doch Hand aufs Herz: Schlagen Sie zu?

Die Antwort ist in aller Regel: Nein. Denn im Kopf passiert etwas ganz kurioses. Anstatt sich über die 200 Euro Preisnachlass zu freuen, ärgern wir uns vielmehr über die entgangenen 200 Euro im Vergleich zum Vortag. Die Bewertung des Gesamtangebots ist auf einmal nicht mehr objektiv, sondern zutiefst subjektiv. Wir schieben die Kaufentscheidung auf. Vielleicht haben wir ja Morgen mehr Glück. Die Tatsache, dass das vor uns liegende Angebot immer noch sehr interessant ist, spielt fast keine Rolle mehr. Und das ist verheerend für jeden Händler.

Psychologisch verheerende Schnäppchen

Das Phänomen des Umsatzeinbruchs nach Sonderangebotsphasen wird in der Psychologie als Antizipiertes Bedauern (engl. anticipated regret) bezeichnet.

Das verhaltensrelevante Prinzip dahinter: Menschen versuchen zu vermeiden, in eine Situation zu kommen, in der sie eine getroffene Entscheidung womöglich bedauern könnten. Dies gilt vor allem für Kaufentscheidungen. Wer beispielsweise heute erwägt, einen neuen Computer zu kaufen, weiß, dass das Gerät in einigen Monaten billiger ist bzw. zum gleichen Preis mehr leistet. Da entscheiden sich viele Menschen lieber gar keinen Rechner zu kaufen, um das antizipierte Zähneknirschen zu vermeiden.

Bezogen auf ein so allgemeines Feld wie den Kauf von PCs hat Antizipiertes Bedauern auch keine großen Auswirkungen, da ja jeder Händler davon gleichermaßen betroffen ist. Viel schlimmer ist antizipiertes Bedauern in Bezug auf die Sonderangebote eines einzelnen Shops. Endet nämlich eine Sonderangebotsphase für ein bestimmtes Produkt dann fühlen wir uns schlecht bei diesem Shop danach das gleiche Produkt zum höheren Preis zu kaufen. Die Folge: Der Umsatz in der entsprechenden Produktgruppe bricht merklich ein.


Sind Schnäppchen generell kontraproduktiv?

Für den Einsatz von Schnäppchen hat das Phänomen des antizipierten Bedauern leider eindeutige Konsequenzen: Wann immer möglich, sind allgemeine Preisnachlässe zu vermeiden. Wer sie dennoch einsetzt, muss sich darüber im Klaren sein, dass es danach kein zurück mehr gibt. Die Preise wieder hoch? Klappt nicht. Oder nur mit enormen Anstrengungen und Durststrecken.

Doch an jeder Ecke sieht man doch Sonderangebote und Schnäppchen mit denen viele Händler extrem erfolgreich zu sein scheinen? Stimmt. Denn nicht alle Schnäppchen sind komplett schlecht - auf die psychologische "Verpackung" kommt es an.


Psychologisch raffinierte Schnäppchen

Sonderangebot ist nicht gleich Sonderangebot. Dies ist die Grundlektion im strategischen Umgang mit Schnäppchen. Denn im Kopf eines Menschen kann etwas als außergewöhnlich lukratives Angebot wahrgenommen werden und trotzdem tritt nach der Rabattaktion kein oder nur sehr wenig antizipiertes Bedauern auf.

Hier sind 5 Strategien und Taktiken für erfolgreiche und vor allem "sichere" Sonderangebote:


1. Lagerabverkäufe

Der Ausverkauf eines Lagerbestands ist immer ein guter und vor allem psychologisch sicherer Anlass Preisnachlässe zu gewähren. Der Grund: Nachdem die Aktion vorbei ist, gibt es das günstige Produkt nicht mehr, da es ausverkauft ist. Zwar tritt auch hier antizipiertes Bedauern auf, nur ist es jetzt verknüpft mit einem Produkt, dass es einfach nicht mehr gibt. Der Konsument muss sich wohl oder übel über Alternativen Gedanken machen und beginnt einen neuen Kaufentscheidungsprozess. Aus diesem Grund haben Sommer- und Winterschlussverkäufe trotz gigantischer Preisnachlässe kaum Auswirkungen auf die Wahrnehmung von einzelnen Händlern als Discounter. Nach den Schlussverkäufen sind die Lager nun einmal leer. Es tritt quasi kein antizipiertes Bedauern auf und somit auch keine Schädigungen der Händler.
 

2. Kostenlose Zugaben

Bei dieser Schnäppchen-Taktik verzichtet man komplett darauf, Preise zu senken. Der Clou ist, dass man seinen Kunden etwas schenkt, was sie ansonsten kaufen müssten. Ein Computer-Händler könnte beispielsweise zu jedem Notebook eine kostenlose, aber hochwertige Maus im Gesamtwert von 49,95 Euro hinzugeben. Wichtig ist dabei, dass dem Kunden klar vor Augen geführt wird, was er spart bzw. kostenlos hinzubekommt, damit diese Taktik funktioniert.

Der Nachteil von kostenlosen Zugaben ist zugleich ihr Vorteil: Zugaben sprechen nicht allgemein jeden an. Wer schon 10 Mäuse zu Hause hat oder generell von den angebotenen Zugaben nur wenig angetan ist, dem sind sie meist auch nicht so wichtig. Dementsprechend hoch oder gering ist das antizipierte Bedauern, wenn die Zugaben mal wegfallen. Dennoch haben Zugaben eine klare Auswirkung auf die Präferenzen. Bei zwei preislich identischen Angeboten wirkt das mit den Zugaben deutlich attraktiver, denn weiterverkaufen oder verschenken kann man die Dreingaben immer. Ganz gleich, was man kostenlos hinzu erhält.


3. Bundling mit anderen Produkten

Jeder Kaufmann ist darauf aus, möglichst alles Potenzial bei einem Kunden auszuschöpfen. Warum dann nicht zwei Produkte im Paket verkaufen und dem Kunden dafür im Gegenzug einen kleine Preisnachlass gewähren? Bundling heißt das Stichwort. Hierbei werden häufig in Kombination benötigte Produkte zu Paketen geschnürt, die zusammen weniger kosten, als wenn die jeweiligen Produkte einzeln erworben würden. Das Problem beim Bundling ist wie bei kostenlosen Zugaben, abhängig vom Wissen über die eigenen Kunden. Denn nur interessante Bundlings finden einen Abnehmer.


Amazon.de bundelt automatisch themenrelevante Produkte (teilweise mit und teilweise ohne Bundling-Rabatte)

Extrem erfolgreiche Bundlings sind Angebote im Stil von: 3 zum Preis von 2. Hierbei hat der Kunde die Wahl und kann sich das heraussuchen, was ihn tatsächlich interessiert. Der Nachteil dieser Aktionen sind jedoch die Kosten. Bei 3 zum Preis von 2 müssen zwangsläufig zwei Produkte nicht nur den Einkaufswert des Dritten erwirtschaften, sondern ebenso noch einen akzeptablen Gewinn abwerfen. Schwierig.




Media Markt setzt Schnäppchen häufig sehr geschickt und psychologisch "korrekt" ein


4. Handlungsgebundene Preisnachlässe

Wenn es tatsächlich allgemeine Preisnachlässe sein sollen, dann ist es mehr als sinnvoll diese von den Produkten selbst zu koppeln. Wie das im Internet funktionieren kann, zeigt koffer-direkt.de. Der Online-Händler bietet beispielsweise je nach Bestellwert einen generellen Rabatt von 4-6% plus 5% bei Vorauszahlung (ab einem Warenwert von 150,00 Euro). Auch wenn es sich um einen allgemeinen Preisnachlass handelt, der nicht zeitgebunden ist, geht das Modell auf, weil der Rabatt an den Shop und Zahlweise gekoppelt ist und nicht an die Produkte. Diese bleiben bei ihren Preisen konstant und wer bereit ist koffer-direkt.de Vertrauen entgegen zu bringen, wird dafür belohnt.


Koffer-Direkt.de trennt Preisnachlässe geschickt vom eigentlichen Produktpreis


5. Treurabatte

Wer seine Produkte preislich attraktiver machen möchte, kann auch ein Treueprogramm in Betracht ziehen. Das Prinzip dabei ist denkbar einfach: Wer viel und häufig kauft, bekommt einen allgemeinen Rabatt von z.B. 10-20% je nach Einkaufswert. Das erhöht die Kundenbindung und gleichzeitig kann jeder Kunde selbst durch sein Einkaufsverhalten mitbestimmen, wie viel er spart. Das Problem dieser Art Rabatte ist jedoch, dass Sie für den Kunden sehr intransparent sind. Sieht jemand ein Sonderangebot zu einem bestimmten Produkt, dann muss er erst im Kopf ausrechnen, ob er dieses Produkt bei "seinem" Händler genauso günstig bekommt oder nicht. Sehr mühsam! Zudem widerspricht diese Art von generellen Rabatten dem Gewinnmaximierungstrieb jedes Händlers. Warum sollte man gerade bei den treuen Kunden weniger verdienen wollen?

Sinnvoller ist es daher den Ansatz umzukehren und Treuerabatte als werblichen Anreiz zu verwenden. Amazon versendet beispielsweise regelmäßig 5,00 Euro Einkaufsgutscheine an Kunden, die längere Zeit nichts gekauft haben. Diese Mischung von "Treuerabatt" und Kundenbelebungsaktion funktioniert sehr gut.


Fazit

Wenn es darum geht die Verkäufe anzukurbeln, sind Sonderangebote und Schnäppchen generell nicht die erste Wahl. Zu schnell kann es passieren, dass man seinen Kunden nur noch etwas verkaufen kann, wenn neben dem Produkt ein fetter Button "im Sonderangebot" prangt. Zudem senkt das Stigmata eines Discounters nicht nur die Margen, es bringt einen auch in den direkten Wettbewerb zu den großen Ketten. Und in diesem kann kein kleiner oder mittelständischer Shop längerfristig bestehen. Selbst gelegentliche Preisnachlässe können durch das Problem des antizipierten Bedauerns langfristig genau das Gegenteil bewirken als was man sicht erhofft hat: Nämlich weniger Umsatz und weniger Gewinn. Nur wer Sonderangebote in Maßen und unter Berücksichtigung der Verhaltenspsychologie gestaltet, kann damit auch langfristig erfolgreich sein. Letztlich ist der Preis der allerletzte "Hebel", den ein Händler zur Ankurbelung der Geschäfte einsetzen sollte. Denn eins ist sicher: Wer erst mit seinen Preisen unten angekommen ist, dem fehlt nicht nur wirtschaftlicher Handlungsspielraum, er kommt mit seinen Preisen auch sobald nicht mehr aus dem Keller heraus.

   

  
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